Montag, 6. Juni 2011

1995er Rioja vom Edeka

Am Freitag ist seine Beerdigung und ich schreibe hier und da an seiner Grabrede. Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden, denn das ist ein Metier, auf dem ich schlichtweg keine Erfahrung habe.
Ist ja auch besser so.
Aber ich wollte das so, weil ich den Gedanken unerträglich finde, dass irgendein professioneller Grabredner seine Worthülsen aneinander schreibt und damit des Großvaters Leben konterkariert.
Schon bei anderen Beerdigungen fand ich das immer irritierend, wenn jemand, den man nie zuvor gesehen hat, etwas über einen Verstorbenen erzählte, den auch er nie zuvor gesehen hatte.
Diesmal habe ich etwas zu erzählen - schliesslich kannten wir uns ja lange genug - und so mache ich das diesmal einfach selbst.
Auch wenn es schwer fällt.

Ich glaube, es ist drei Jahre her. Da haben mir die beiden zum Geburtstag eine Flasche Wein geschenkt. Und manche Dinge sind für diese Generation dann doch sehr bezeichnend, wie zum Beispiel Sätze wie: "Das war die teuerste Flasche im ganzen Edeka. Die Filialleiterin persönlich hat sie uns empfohlen. Das ist bestimmt ein Spitzenwein!"
Ich kaufe keinen Supermarktwein. Das ist eine Art Mantra, vermutlich meine Art Snobismus für Arme, ein Gesetz. Es gibt tolle Weinläden mit netter Atmosphäre, wo man Weine verkosten und etwas Smalltalk dabei halten kann. Das Kaufritual ist fast genauso aufregend und interessant wie der Genuss des Weines zu später Stunde. Und ist man nicht auch ein verkappter Feingeist, wenn man Wein im kleinen, verschrobenen Weingeschäft um die Ecke kauft? Natürlich - das macht einen ja schon fast zum Philanthropen, wenn man den besessenen Weinverkoster hinterm Tresen mit Einkäufen im "20+€ pro Flasche" Segment belohnt, damit der am Ende des Monats über die Runden kommt.

Und jetzt freunde ich mich gerade mit diesem alten Supermarktwein an, der klaglos die letzten Jahre nicht-artgerechte Haltung in unserer Küche überstanden hat.
Er ist nicht mehr wirklich rot, es ist schon fast rostfarben, leicht orange an den Rändern...
Er hat was. Und er ist das angemessene Getränk, wenn man eine Grabrede verfassen will.

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